PWC

Der kleine Unterschied ist im medizinischen Alltag noch nicht angekommen

7. Mai 2024

Nur jede:r Fünfte findet, dass die Gesundheitsversorgung sehr gut auf das eigene Geschlecht abgestimmt ist / Bei 45 Prozent der Patient:innen kommen Gender-Aspekte in der Behandlung nicht zur Sprache / Die Verunsicherung beim Thema ist groß, nicht einmal jede:r Zweite kennt den Begriff Gendermedizin / Mehrheit fordert, dass der Gesetzgeber klare Vorgaben machen sollte und Gendermedizin in der Lehre verankert wird

Frauen sind anders krank, Männer auch. Doch dieser Unterschied ist im medizinischen Versorgungsalltag noch nicht angekommen: Lediglich zehn Prozent der Patient:innen werden in ärztlichen Gesprächen zuverlässig immer darauf aufmerksam gemacht, dass es geschlechterspezifische Gesundheitsfaktoren gibt, Frauen und Männer etwa unterschiedlich auf Medikamente ansprechen oder verschiedene Krankheitssymptome zeigen. Bei 45 Prozent wird das gar nicht zum Gesprächsgegenstand gemacht, bei 36 Prozent geschieht dies manchmal. Nur jede:r Fünfte findet entsprechend, dass die Versorgung in der Arztpraxis oder im Krankenhaus sehr gut auf das eigene Geschlecht abgestimmt ist. Beim Thema Gendermedizin, der geschlechterspezifischen oder -sensiblen Gesundheitsversorgung, ist der Aufklärungsbedarf in der Bevölkerung ebenso hoch wie die Verunsicherung. Das sind zentrale Ergebnisse einer repräsentativen Befragung der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC unter rund 1.000 Bürger:innen.

„Das biologische Geschlecht hat – ebenso wie soziokulturelle Einflüsse – großen Einfluss auf die Gesundheit von Menschen. Kurz: Das Geschlecht macht den Unterschied, auch und gerade in der Medizin. In der Forschung geht man mittlerweile davon aus, dass etwa 13 bis 15 Prozent der Gesundheit auf Aspekte von Geschlecht und Gender zurückzuführen sind. Das spiegelt sich noch nicht angemessen im Versorgungsalltag wider. Doch wenn wir uns eine individualisierte Medizin wünschen, dürfen wir diese Aspekte keinesfalls vernachlässigen.“

Roland Werner, Leiter Gesundheitswirtschaft & Pharma bei PwC Deutschland

Großer Nachholbedarf in der Versorgungspraxis
Darauf muss sich die Medizin künftig in Prävention, Diagnose und Behandlung einstellen. In der Praxis besteht beim Thema Gendermedizin allerdings noch Nachholbedarf, wie die Studie zeigt: So sagen 30 Prozent, dass die medizinische Versorgung nicht angemessen auf das eigene Geschlecht abgestimmt ist. Hingegen finden 21 Prozent, dass sich die Behandlung optimal an ihrem Geschlecht orientiert, und 50 Prozent bejahen dies zumindest teilweise. Frauen werten das noch leicht kritischer als Männer. 

„Diese Zahlen zeigen, dass die geschlechtersensible Medizin zwar prinzipiell ins Bewusstsein gerückt, aber noch nicht zum Standard bei Diagnose und Behandlung geworden ist. Noch immer wird bei Frauen ein Herzinfarkt später diagnostiziert, noch immer werden psychische Erkrankungen bei Männern später erkannt, noch immer orientiert sich die Forschung vorwiegend am männlichen Geschlecht. Damit sind Gesundheitsgefahren verbunden, die vermeidbar wären.“

Michael Ey, Partner und Co-Lead Gesundheitswirtschaft bei PwC Deutschland

Quelle: pwc.de
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